[Weimar,] Den 26. Juli 1802
Herzlich heiße ich sie willkommen und sehne mich Ihr Antlitz wieder zu sehen. Wenn es Ihnen recht ist, so komme ich zwischen drei und vier Uhr zu Ihnen. Ich muß Abends zeitig wieder zu Hause seyn, weil mein Husten noch sehr leicht erregt wird, und ich, nach einer Erfahrung von vorgestern, die Abendluft noch nicht vertragen kann. Meine Frau begrüßt Sie auf’s schönste.
Sch.
H 870 | S 872 | B 874
Weimer, am 6. Juli 1802
Es war zu meinem Glück, daß ich Ihnen nicht nach Lauchstedt folgte, denn ich hätte nur den Samen eines Katarrhfiebers mitgenommen, das an dem nämlichen Sonnabend, wo Sie in L. zum erstenmal spielten, bei mir zum Ausbruch kam. Seit dieser Zeit bis gestern habe ich mit meiner ganzen Familie in den schlechtesten Zuständen befunden, denn wir alle litten an einer Art von Krampfhusten, der besonders meinen kleinen Ernst sehr hart mitnahm. Dabei lebten wir entfernt von allem menschlichen Umgang, weil ich jede Gelegenheit zu sprechen sorgfältig meiden mußte. Deßwegen habe ich auch den Hofkammerrath noch nicht über die Lauchstedter Ereignisse vernehmen können, und weiß weiter nichts davon als was Ihre Briefe mir meldeten.
Sie haben also neun Tage hinter einander gespielt, das will viel sagen, und ist eine große Anstrengung von Seiten der Schauspieler; aber aus der Leere des Hauses in den Vorstellungen während der Woche sehe ich doch, daß Sie die reichliche Gabe nicht allzulang werden fortsetzen dürfen.
Auch zu Lauchstedt sind es also, wie Ihr Repertorium sagt, die Opern, die das Haus füllen. So herrscht das Stoffartige überall, und wer sich dem Theaterteufel einmal verschrieben hat, der muß sich auf dieses Organ verstehen.
Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, daß ich mich bei meinen Stücken auf das Dramatischwirkende mehr concentriren sollte. Dieses ist überhaupt schon, ohne alle Rücksicht auf Theater und Publicum, eine poetische Forderung, aber auch nur in so fern es eine solche ist, kann ich mich darum bemühen. Soll mir jemals ein gutes Theaterstück gelingen, so kann es nur auf poetischem Wege seyn, denn eine Wirkung ad extra, wie sie zuweilen auch einem gemeinen Talent und einer bloßen Geschicklichkeit gelingt, kann ich mir nie zum Ziele machen, noch, wenn ich es auch wollte, erreichen. Es ist also hier nur von der höchsten Aufgabe selbst die Rede, und nur die erfüllte Kunst wird meine individuelle Tendenz ad intra überwinden können, wenn sie zu überwinden ist.
Ich glaube selbst, daß unsre Dramen nur kraftvolle und treffend gezeichnete Skizzen seyn sollten, aber dazu gehörte dann freilich eine ganz andre Fülle der Erfindung, um die sinnlichen Kräfte ununterbrochen zu reizen und zu beschäftigen. Mir möchte dieses Problem schwerer zu lösen seyn als einem andern, denn ohne eine gewisse Innigkeit vermag ich nichts, und diese hält mich gewöhnlich bei meinem Gegenstande fester, als billig ist.
Ich wünschte daß Sie von Wolf eine lateinische Übersetzung der Poetik des Aristoteles, die der verstorbene Reitz in Manuscript zurück gelassen, sich verschaffen möchten. Auch diese Schrift würde uns ein interessantes Thema zu künftigen Conferenzen über das Drama abgeben.
In der Schrift von Brandes habe ich geblättert, aber es wird mir unmöglich durch diese Manier mich hindurch zu arbeiten. Man mußte Göttingen noch frisch im Gedächtniß haben, wie Sie, um dabei aushalten zu können.
Eine Schrift gegen Kotzebue von dem Herrn von Massow ist dieser Tage erschienen, worin er ganz niederträchtig, aber nach Würden und Verdienst behandelt wird. Sie ist für ein Werk der Indignation und für eine Parteischrift nicht schlecht geschrieben.
Leben Sie recht wohl und lassen sich’s in Halle nicht zu gut gefallen. Ich sehne mich herzlich nach Ihrer Zurückkunft, da ich vergeblich gehofft habe, mir die Zeit Ihrer Abwesenheit durch meine Thätigkeit zu verkürzen.
Meyern grüße ich herzlich und wünsche ihm Geduld zu seiner harten Prüfung; nächsten Posttag schreibe ich ihm.
Meine Frau empfiehlt sich Ihnen beiden auf’s beste.
Sch.
H 869 | S 871 | B 873
Lauchstädt, am 5ten Juli 1802
Es geht mit allen Geschäften wie mit der Ehe, man denkt wunder was man zustande gebracht habe, wenn man kopuliert ist, und nun geht der Teufel erst recht los. Das macht weil nichts in der Welt einzeln steht und irgend ein Wirksames nicht als ein Ende, sondern als ein Anfang betrachtet werden muß.
Verzeihen Sie mir diese pragmatische Reflexion zum Anfange meines Briefs, einige mehr oder weniger bedeutende Geschäfte, die mir dieses Jahr aufliegen, nötigen mir diese Betrachtungen ab. Ich glaubte sie abzutun und sehe nun erst was sich für die Zukunft daraus entwickelt.
Gestern Abend habe ich die neunte Vorstellung überstanden. 1500 Taler sind eingenommen und jedermann ist mit dem Hause zufrieden. Man sitzt, sieht und hört gut und findet, für sein Geld, immer noch einen Platz. Mit fünf- bis sechstehalbhundert Menschen kann sich niemand über Unbequemlichkeit beschweren.
Unsere Vorstellungen waren:
| Was wir bringen und Titus |
672 Personen |
| Was wir bringen und die Brüder |
467 " |
| Wallenstein |
241 " |
| Die Müllerin |
226 " |
| Die beiden Klingsberge |
96 " |
| Tancred |
148 " |
| Wallenstein auf Verlangen |
149 " |
| Oberon |
531 " |
| Der Fremde |
476 " |
Es kommt darauf an, daß eine geschickte Wahl der Stücke, bezüglich auf die Tage, getroffen werde, so kann man auch für die Zukunft gute Einnahmen hoffen. Überhaupt ist es mir nicht bange das Geld, was in der Gegend zu solchem Genuß bestimmt sein kann, ja etwas mehr, in die Kasse zu ziehen. Die Studenten sind ein närrisches Volk, dem man nicht feind sein kann und das sich mit einigem Geschick recht gut lenken läßt. Die ersten Tage waren sie musterhaft ruhig, nachher fanden sich einige sehr verzeihliche Unarten ein, die aber, worauf ich hauptsächlich acht gebe, sich nicht wie ein Schneeball fortwälzen, sondern nur momentan und, wenn man billig sein will, durch äußere Umstände gewissermaßen provoziert waren. Der gebildetere Teil, der mir alles zuliebe tun möchte, entschuldigt sich deshalb, mit einer gewissen Ängstlichkeit, und ich suche die Sache, sowohl in Worten, als in der That, im ganzen läßlich zu nehmen, da mir doch überhaupt von dieser Seite nur um ein Experiment zu tun sein kann.
Auch ein eigenes Experiment mache ich auf unsere Gesellschaft selbst, indem ich mich unter so vielen Fremden auch als ein Fremder in das Schauspielhaus setze. Mich dünkt, ich habe das Ganze sowohl, als das einzelne, mit seinen Vorzügen und Mängeln noch nicht so lebhaft angeschaut.
Mein alter Wunsch, in Absicht auf die poetischen Produktionen, ist mir auch hier wieder lebhaft geworden: daß es Ihnen möglich sein könnte, gleich anfangs konzentrierter zu arbeiten, damit Sie mehr Produktionen und, ich darf wohl sagen, theatralisch wirksamere lieferten. Das Epitomisieren eines poetischen Werks, das zuerst in eine große Weite und Breite angelegt war, bringt ein Schwanken zwischen Skizze und Ausführung hervor, das dem ganz befriedigenden Effect durchaus schädlich ist. Wir andern, die wir wissen woran wir sind, empfinden dabei eine gewisse Unbehaglichkeit und das Publikum kommt in eine Art von Schwanken, wodurch geringere Produktionen in Avantage gesetzt werden. Lassen Sie das, was ich hier aus dem Stegreife sage, einen Text unserer künftigen Unterredung sein.
Meyer verflucht, wie Sie aus der Beilage sehen werden, seinen hiesigen Aufenthalt, indessen wird ihm das Baden ganz wohl bekommen. Hätte er sich, statt Pyrmonter Wasser hier teuer in der Apotheke zu bezahlen, ein Kistchen Portwein, zur rechten Zeit, von Bremen verschrieben, so sollte es wohl anders mit ihm aussehen; aber es stehet geschrieben daß der freieste Mensch (also eben der vorurteilfreieste) gerade an dem, was seinen Leib betrifft, den Vorurteilen unterliegen muß. Wir wollen daher nicht groß tun, weil uns dasselbige begegnen kann.
Die Hoffnung Sie hier zu sehen, welche früher erregt worden, ist unter den jungen Leuten sehr groß; doch weiß ich nicht recht, wie und ob ich Sie einladen soll. Schreiben Sie mir, mit dem rückkehrenden Boten, ob Sie einigermaßen Neigung hätten. Zu gewinnen ist freilich gar nichts für Sie und eine Zerstreuung macht es immer. Sonst sollte für ein artig Quartier und gutes Essen gesorgt sein. Und freilich wäre es hübsch, wenn wir drei zusammen uns von unmittelbar angeschauten Gegenständen künftig unterhalten könnten.
Ich will diese Tage nach Halle hinüber, um es womöglich, so wie vor dem Jahre Göttingen, anzuschauen. Auch ist für mich im einzelnen daselbst viel zu gewinnen.
Mit Wolf habe ich schon das Büchlein von den Farben durchgegangen. Das Hauptresultat: daß, auch nach seinen Kriterien, das Werk echt alt und der peripatethischen Schule wert sei, hat mich, wie Sie denken können, sehr gefreut, ja er mag es lieber dem Aristoteles als einem Nachfolger zuschreiben.
Er hält, so wie ich, dieses kleine Werk für ein in sich geschloßnes Ganze, das sogar durch Abschreiber wenig gelitten hat. Meine drei Konjekturen zu Verbesserung des Textes hat er gleich angenommen, und die eine besonders mit Vergnügen, da ich Weiß anstatt Schwarz setzen muß. Er habe, sagt er, wenn von solchen Verbesserungen die Rede gewesen, manchmal eben diesen Gegensatz, gleichsam als einen verwegnen Scherz gebraucht, und nun sei es doch äußerst lustig, daß sich in der Erfahrung wirklich ein Beispiel finde wo in den Codicibus Schwarz für Weiß stehe.
Da es ein unschätzbarer Gewinn wäre solch einen Mann näher zu haben, so will ich wenigstens das Verhältniß, so viel als möglich, anzunähern suchen, damit man sich verstehe und sich vertraue.
Noch einen schönen Gewinnst verspreche ich mir von dem Aufenthalt in Halle. Kurt Sprengel, dessen Briefe über die Botanik ich, beinahe als das einzige Buch, in diesen vierzehn Tagen gelesen, ist eine eigne Art von Verstandsmenschen, wie wir sie heißen, der durch den Verstand sich dergestalt in die Ecke treibt, daß er aufrichtig gestehen muß hier könne man nun eben nicht weiter; und er dürfte nur über sich sehen, so würde er empfinden wie ihm die Idee einen glücklichen Ausweg darbietet. Aber eben dieses Wirken des Verstandes gegen sich selbst ist mir in concreto noch nicht vorgekommen, und es ist offenbar, daß auf diesem Wege die schönsten Versuche, Erfahrungen, Räsonnements, Scheidungen und Verknüpfungen vorkommen müssen. Was mich für ihn einnimmt ist, die große Redlichkeit seinen Kreis durchzuarbeiten. Ich bin sehr neugierig ihn persönlich kennen zu lernen.
Hierbei schicke ich Ihnen das Werk von Brandes über den gegenwärtigen Zustand von Göttingen. Dei Nüchternheit eines offiziellen Berichtes ist freilich in diesem Werkchen sehr fühlbar; mir war das Ganze sehr angenehm als Rekapitualtion dessen, was ich vor einem Jahre dort gewahr wurde. Aber fühlen hätte der Verfasser sollen, daß man seine Arbeit mit gutem Willen lesen muß, deshalb der Ausfall besonders gegen uns nicht am rechten Flecke steht. Wenn die Göttinger in manchem genug und in keinem Falle zu viel tun, so läßt sich freilich darüber noch so ein diplomatisches Hokus-Pokus machen. Wenn wir aber in vielem nicht genug in in manchem zu viel tun, so ist freilich unsere Situation keiner präsentablen Darstellung fähig; aber inwiefern sie respektabel ist und bleibt, wollen wir die Herren schon gelegentlich fühlen lassen.
Ich muß schließen weil ich den Wildfang heute Abend noch zu sehen habe und weil ich sonst noch ein neues Blatt anfangen müßte. Leben Sie recht wohl und sagen mir ein Wort von Ihren Zuständen.
G.
Be H erst ab „Die Hoffnung Sie hier zu sehen“, zitiert nach S
H 868 | S 870 | B 872
Lauchstedt, am 28. Juni 1802
Den Hofkammerrath, der morgen früh abreist, kann ich nicht ohne ein Wort an Sie gehen lassen. Erzählen mag er Ihnen umständlich wie die Eröffnung abgelaufen; das Wetter begünstigte uns und das Vorspiel hat Glück gemacht. Der Schluß, ob er gleich besser seyn könnte, ist mir doch verhältnißmäßig zu dem Drang der Umstände, in welchem ich fertig werden mußte, leidlich gelungen. Hätte ich alles voraussehen können, so hätte ich Ihnen keine Ruhe gelassen, bis Sie mir das letzte Motiv ausgearbeitet hätten. Nun mag’s denn so hingehen.
Mit Wolf habe ich heute schon angefangen das Büchlein von den Farben durchzulesen und dadurch schon großen Vortheil und Sicherheit zur Ausarbeitung des Ganzen erlangt, und ich erwarte noch manches schöne Resultat von unsern Conferenzen. Nächstens mehr, wenn die Stunden ruhiger werden.
Die ganze jugendliche Welt wünscht und hofft Sie zu sehen, doch gestehe ich aufrichtig, daß ich keinen rechten Muth habe Sie einzuladen; seitdem ich kein eigentlich Geschäft mehr habe, weiß ich schon nicht recht, was ich anfangen soll.
Sie werden einen Schlüssel zu meinem Garten und Gartenhaus erhalten; machen Sie sich den Aufenthalt einigermaßen leidlich und genießen der Ruhe die in dem Thale herrscht. Vermuthlich werde ich mich bald nach Weimar zurückziehen, denn ein sonderlich Heil ist für uns nicht in der äußern Welt zu suchen, wo man überall nur gestückelt antrifft, was man schon ganz besitzt. Auf die Anschauung des Hallischen Zustandes will ich auch einige Tage wenden. Leben Sie recht wohl und gedenken mein. Ich wünsche zu hören, daß Ihnen gelungen ist etwas zu arbeiten.
G.
H 867 | S 869 | B 871
Weimar, den 24. Juni 1802
Da es sich nicht hat schicken wollen, daß ich mich selbst nach Lauchstedt aufmachte, so will ich Ihnen meine besten Wünsche zu dem vorhabenden Geschäft schriftlich übersenden, den Erfolg und verlauf hoffe ich blad möglichst von Ihnen zu erfahren. Möge mir während Ihrer Abwesenheit Apollo günstig seyn, daß ich zu der neuen Theaterepoche auch etwas Neues bringen kann. Es ist Zeit, daß mir auch wieder etwas gelingt, denn seit meiner Dresdner Reise hat es mir nicht glücken wollen mich zu fixiren und über einen Geist der Zerstreuung Herr zu werden, der sich meiner bemächtigt hat. Es ist zwar mancherlei gesammelt worden, aber es wartet noch auf eine glückliche Entladung.
Seien Sie thätig und heiter und lassen mich Theil nehmen an allem, was Sie Angenehmes erfahren.
Sch.
H 866 | S 868 | B 870
Weimar, den 12. Juni 1802
Ich erhalte einen Brief von Ihnen, indem ich Sie heute ganz zuversichtlich selbst erwartete, und mir diesen Abend das Vergnügen versprach, Ihre Arbeit vorlesen zu hören. Ich werde morgen um sechs Uhr Abends nicht fehlen und freue mich in gar vielen Rücksichten des glücklich vollbrachten Werks.
Bald hätte Beckers Krankheit die nächsten, ja vielleicht alle künftigen dramatischen Unternehmungen übel stören können; er ist noch jetzt sehr schlimm, und wenn es noch so glücklich geht, so wird in den nächsten acht Tagen schwerlich auf ihn zu rechnen seyn. Unter andern Umständen würde seine Rolle in Ihrem Stück wohl durch Ehlers oder einen andern zu besetzen gewesen seyn; da Sie aber gerade bei diesem Stück auf die Personalität des Schauspielers mit Rechnung gemacht haben, so könnte doch etwas dadurch verloren gehen, wenn ein anderer die Rolle spielt.
Ich sehne mich sehr nach einem ruhigen Aufenthalt, denn bei mir geht es jetzt sehr lärmend zu, da oben und unten gehämmert wird, und der Boden zittert, ganz buchstäblich genommen, unter meinen Füßen. Auch habe ich mich diese Woche gar nicht wohl und leider in einer recht misanthropischen Laune befunden, die aber leider zu pathologisch passiv war, um den Schwung des Ewigen Zorns zu erreichen.
Leben Sie recht wohl und kommen mit schönen Gaben zurück.
Sch.
H 865 | S 867 | B 869
[Jena], den 11. Juni 1802
Meine Arbeit hat gut gefördert, ob sie gleich viel weitläufiger geworden ist, als ich gedacht habe.
Einige Motive gegen das Ende sind noch auszuführen, übrigens ist alle schon in’s Reine und in die Rollen geschrieben.
Sonntag Abend hoffe ich Ihnen es vorzulesen, versagen Sie sich nicht; denn Montag muß ich Leseprobe halten. Freilich wenn man die Arbeit könnte vierzehn Tage liegen lassen, so ließe sich noch manches daran thun. Ich konnte freilich nicht alle Motive egal ausführen. Ich werde über zwanzig Auftritte bekommen, worunter sehr kleine sind; doch sieht man daraus wenigstens das mannigfaltige Hin- und Wiederrennen der Personen und auch die Mannigfaltigkeit der Motive, da sie nicht ohne Noth kommen und gehen. Leben sie recht wohl; ich kann wohl sagen daß ich diese Arbeit und desto freierem Muth unternommen habe, da Sie die Idee und Anlage zu billigen schienen.
G.
H 864 | S 866 | B 868
Weimar, den 9. Juni 1802.
Ich gratulire zu der glücklichen Entbindung des Werks und freue mich auf die Mittheilung desselben. Sie sehen bei dieser Gelegenheit, wie viel die Nothwendigkeit bei Ihnen vermag, und sollten dieses Mittel auch bei andern Werken anwenden, es würde sich gewiß eben so gut bewähren.
Bei mir ist in diesen Tagen nicht viel gefördert worden, ich selbst war unpäßlich und bin es noch, meine Kinder befanden sich auch nicht wohl. Bei dem besten Willen und Trieb werde ich jetzt gar oft in meiner Thätigkeit gehindert.
Ich lege das Blatt von Zelters Aufsatz bei, das sich bei mir noch gefunden hat.
Leben Sie recht wohl und kehren Sie mit schönen Früchten zu uns zurück.
Sch.
H 863 | S 865 | B 876
Jena, den 8. Juni 1802
Die Gelegenheit der abgehenden Boten kann ich nicht versäumen und melde mit wenig Worten daß meine Arbeit gut von statten geht. Ich habe das ganze Opus von vorn bis hinten durch dictirt, und bin nun daran ihm mehr Gleichheit in der Ausführung zu geben. Ich muß mich durchaus an die Prosa halten, obgleich der Gegenstand durch Abwechselung der prosaischen und metrischen Formen sehr gewinnen könnte, und ich hoffe mit meinem Paket Sonnabends anzulangen und Sonntags Leseprobe zu halten. Auf alle Fälle wird die Darstellung den Charakter des Inpromptu haben wobei sie nur gewinnen kann. Übrigens verfluche und verwünsche ich das ganze Geschäft in allen seinen alten und neuen Theilen und Gliedern, und werde mir’s zur Ehre rechnen, wenn man meiner Arbeit den bewußten und beliebten Zorn nicht ansieht. Leben Sie recht wohl, thätig, vergnügt und glücklich.
G.
H 862 | S 864 | B 866
Weimar, am 17. Mai 1802
Indem ich um den Alarkos bitte, sende ich zugleich einige Curiosa.
Mögen Sie heute Abend zu einem fernern Colloquio zu mir kommen, so werden Sie mir viel Vergnügen machen indem ich noch einiges vorzutragen habe.
Morgen zu Mittag wünschte ich auch Ihre Gegenwart; Sie werden noch das geheime Concilium finden.
G.
H 861 | S 863 | B 865
Weimar, den 12. Mai 1802
Die Vorstellung der Iphigenie auf den Sonnabend wird keine Schwierigkeit haben, obgleich uns der Titus gestern und heut das Theater wegnahm. Morgen und übermorgen aber werden die Theaterproben mit Ernst vorgenommen werden, und ich hoffe, daß Sie über Ihr Werk nicht erschrecken sollen. Wohl glaube ich, daß die sinnliche Erscheinung dieses Stücks manche vergangene Zustände in Ihnen erwecken wird, sowohl in Formen und Farben Ihres eignen Gemüths, als auch der Welt, mit der Sie sich damals zusammen fühlten, und in letzterer Rücksicht wird es mehreren hiesigen Freunden und Freundinnen merkwürdig seyn.
Mit dem Alarkos wollen wir es also auf jede Gefahr wagen und uns selbst wenigstens dadurch belehren. Ich will es unsern Schauspielern möglichst an’s Herz legen, das Beste daran zu wenden. Der C. K. habe ich das Stück lesen lassen, aus Neugierde wie ein solches Product auf einen solchen Sinn wirken würde. Aber es sind närrische Dinge dabei zum Vorschein gekommen, und ich werde mich hüten, eine solche Probe zu wiederholen. Es ist sonderbar, was für Säfte gewisse Thiere aus gewissen Pflanzen ziehen, und die K. gehört auch zu den Lesern, die glauben ein poetisches Werk, das man ihnen vorsetzt, verspeisen zu müssen anstatt es anzuschauen. Sie meint für den Verfasser der Lucinde, an der sie ein großes Wohlgefallen zu haben schien, sey dieser Alarkos ein sehr religiöses Product. Die passionirteste Natur in dem Stück, die Infantin, fand sie abscheulich und unmoralisch, gerade gegen meine Erwartung; aber es scheint daß die gleichnamigten Pole sich überall abstoßen müssen.
Cotta kam vorigen Sonnabend hier durch; er hofft Sie, bei seiner Zurückkunft welche nächsten Sonnabend über vierzehn Tage seyn wird, hier zu finden. Mir trug er auf, Sie zu bitten, daß Sie ihm erlauben möchten Mahomed und Tancred in Schwaben zu drucken. Gädike hat ihna uf eine undankbare Art sitzen lassen. Den Druck wolle er ganz nach Ihrer Vorschrift einrichten und die strengste Correctur beobachten lassen.
Er ließ mir beigeschlossenen Aufsatz von dem Architekt Weinbrenner für Sie zurück. Der Verfasser wünschte Ihre Mitwirkung bei dem Vorschlage den er darin thut.
Die ersten Zeiten meiner hiesigen Ortveränderung sind mir durch manches verbittert worden, besonders aber durch die Nachricht von dem schweren Krankenlager und Tod meiner Mutter in Schwaben. Aus einem Brief den ich vor einigen Tagen erhielt, erfuhr ich, daß an demselben Tag wo ich mein neues Haus bezog, die Mutter starb. Man kann sich nicht erwehren, von einer solchen Verflechtung der Schicksale schmerzlich angegriffen zu werden.
Leben Sie recht wohl und freuen sich Ihrer wohlgelungenen Geschäfte. Das Geld das Sie so gütig waren mir vorzuschießen, liegt parat und ich erwarte nun Ihre Befehle darüber. Wenn es Sie nicht belästigt, so wollte ich Sie bitten, sich von Niethammer eine Note darüber geben zu lassen, was ich ihm für meine und der Herzogin Bücher, die in der Eckart’schen Auction erstanden wurden, zu bezahlen habe, so wollte ich dann beide Schuldposten auf einmal tilgen, und erwarte nun Ihre Anweisung darüber.
Mit dem Athenor sind Sie mir nur einen Tag zuvorgekommen, denn auch ich habe dieses schreckliche Product erhalten und hatte es schon für Sie beiseit gelegt. Ich lege hier ein anderes bei, das nicht viel erfreulicher ist, besonders die Vorrede.
Leben sie recht wohl.
Elise Bürger werden sie nun wohl selbst gehört haben?
Sch.
H 860 | S 862 | B 864
Jena, den 11. Mai 1802
Ob noch Sonnabend den fünfzehnten Iphigenie wird seyn können, hoffe ich durch Ihre Güte morgen zu erfahren, und werde alsdann eintreffen, um an Ihrer Seite einen der wunderbarsten Effecte zu erwarten, die ich in meinem Leben gehabt habe: die unmittelbare Gegenwart eines, für mich, mehr als vergangenen Zustandes.
Mit meinem hiesigen Aufenthalt bin ich recht wohl zufrieden. Das Geschäft ist weiter gediehen als ich hoffte, obgleich, wenn man strenge will, noch wenig geschehen ist. Wenn man aber denkt, daß man in solchem Falle eigentlich nur auf Execution liegt und vom handwerksmäßigsten bis zum literarischen Mitarbeiter jeder bestimmt, geleitet, angestoßen, rectificirt und wieder ermuntert seyn will, so ist man zufrieden, wenn man nur einigermaßen vorrückt.
Der Bibliothekssecretär Vulpius hat sich musterhaft gezeigt, er hat, in dreizehen Tagen, 2134 Stück Zettel geschrieben, das heißt Büchertitel, auf einzelne Zettel, ausgeschrieben. Überhaupt sind vier Personen etwa mit 6000 Zetteln in dieser Zeit fertig geworden, wo man ohngefähr sieht was zu thun ist.
Diese Büchermasse war die ungeordnete nachgelassene, und nun kommen wir auch an die schon stehende, ältere. Indessen muß das Ganze doch oberflächlich auf einen wirken, und es ist wie eine Art von Bad, ein schwereres Element, in dem man sich bewegt, und in dem man sich leichter fühlt, weil man getragen wird.
Ich habe in dieser Zeit manches gelernt und einiges gethan. Könnte ich Sie und Meyern, über den andern Abend, mit meinem Neugefundenen unterhalten und dagegen wieder von dem Ihrigen einnehmen, so wüßte ich mir nichts Besseres. Vielleicht wird aber für uns alle dieses dreiwöchentlich Zusammengedrängte nur desto erfreulicher.
Leben Sie recht wohl und sagen mir von sich nur wenige Worte, durch den Boten.
G.
H 859 | S 861 | B 863
Jena, am 9. Mai 1802
Ich wünsche daß beikommender Band Sie nicht schon von einer andern Seite her heimgesucht habe, damit Sie diese gereimte Tollhausproduction zuerst als ein Curiosissimum, durch meine Hand, erhalten. So einen, auf der äußern Form des Nächstvergangenen sich herumdrehenden Wahnsinn habe ich doch noch nicht gesehen. Doch wer will ein Wort für so eine Erscheinung finden.
Ihre Sorgfalt für die Iphigenia danke ich Ihnen zum allerbesten. Künftigen Sonnabend werde ich am Schauspielhause anfahren, wie ein anderer Jenenser auch, und hoffe Sie in Ihrer Loge zu treffen.
Über den Alarkos bin ich völlig Ihrer Meinung; allein mich dünkt, wir müssen alles wagen, weil am Gelingen oder nicht Gelingen nach außen gar nichts liegt. Was wir dabei gewinnen scheint mir hauptsächlich das zu seyn, daß wir diese äußerst obligaten Sylbenmaße sprechen lassen und sprechen hören. Übrigens kann man auf das stoffartige Interesse doch auch etwas rechnen.
Im Ganzen geht es mir hier sehr gut, und es würde noch besser gehen und werden, wenn ich meinen Aufenthalt noch einige Wochen hinausdehnen könnte.
Leben Sie recht wohl, richten Sie sich immer besser ein und gedenken unser.
G.
H 858 | S 860 | B 862
Erster Absatz bei S und B als PS
Weimar, am 8. Mai 1802.
Für den Alarkos wollen wir unser Möglichstes thun, aber bei einer neuen Durchsicht des Stücks sind mir bedenkliche Sorgen aufgestiegen. Leider ist es ein so seltsames Amalgam des Antiken und Neuestmodernen, daß es weder die Gunst noch den Respect wird erlangen können. Ich will zufrieden seyn wenn wir nur nicht eine totale Niederlage damit erleiden, die ich fast fürchte. Und es sollte mir leid thun, wenn die elende Partei, mit der wir zu kämpfen haben, diesen Triumph erhielte. Meine Meinung ist, die Vorstellung des Stücks so vornehm und ernst als möglich ist zu halten, und alles was wir von dem Anstand des französischen Trauerspiels dabei brauchen können, anzuwenden; können wir es nur so weit bringen, daß dem Publicum imponirt wird, daß etwas Höheres und Strengeres anklingt, so wird es zwar unzufrieden bleiben, aber doch nicht wissen wie es dran ist. Einen Schritt zum Ziele werden wir durch diese Vorstellung nicht thun, oder ich müßte mich ganz betrügen.
Die Iphigenia soll auf den 15ten einstudirt seyn. Auf den nächsten Dienstag wollen wir mit dem Stück auf das Theater.
Elise Bürger wird Ihnen ihren Besuch nicht schenken. Sie ist jetzt wie ich höre noch hier; was sie hier festhält, weiß ich nicht.
Leben Sie recht wohl. Ich freue mich auf die Producte Ihrer Muse. Bei mir hat sich die gehörige Ruhe noch nicht ganz eingefunden. Ich erwarte heute den Cotta auf seiner Meßreise.
Sch.
H 858 | S 859 | B 861
Jena, den 7. Mai 1802.
Madame Bürger hat uns bis jetzt noch verschont, wenn sie nicht etwa morgen noch kommt und auf eine Sonntagsdeclamation Anspruch macht. Auf alle Fälle werde ich mich in eine Ecke des Saals, nicht weit von der Thüre, setzen und nach Beschaffenheit der Umstände aushalten oder auf und davon gehen.
Was Sie mir von Iphigenia sagen, ist mir erfreulich. Könnten und möchten Sie das Werk bis zur Aufführung treiben, ohne daß ich eine Probe sähe, und es Sonnabend den 15ten geben, so bleibe ich noch eine Woche hier und brächte maches vor und hinter mich.
Wie ich höre geht der Theaterbau zu Lauchstedt recht gut von Statten. Ich bin recht neugierig wie dieser Pilz aus der Erde wachsen wird.
Wenn Sie eine Leseprobe von Alarkos gehalten haben, so sagen Sie mir doch ein Wort davon.
Es ist mir diese Tage ein anderes neues dramatisches Product zugeschickt worden, das mir, ich mag wohl so sagen, Kummer macht. Ein unverkennbares Talent, sorgfältiges Nachdenken, Studium der Alten, recht hübsche Einsicht, brauchbare Theile und im Ganzen unzulänglich, indem es weder vor- noch rückwärts Face macht. Den zehnten Theil davon hätte man vielleicht produciren können, aber, so wie es liegt ist es ganz und gar unmöglich. Wie ich zurückkomme, sollen Sie es sehen und werden wahrscheinlich noch größere Klagelieder anstimmen. Sagen Sie aber niemand nichts davon, auch nichts von meiner vorläufigen Anzeige; denn wir müssen es unter uns in der Stille zurecht legen.
Das Bibliothekswesen construirt sich nach und nach, obgleich noch immer langsam genug. Ich halte meine Taktik und suche nur immer von Epoche zu Epoche vorzurücken.
Irgend eine poetische Stunde und sonst ein wissenschaftlicher Gewinn fällt auch mit ab.
Leben Sie recht wohl und richten sich recht behaglich ein.
G.
H 856 | S 858 | B 860
Weimar, den 5. Mai 1802
Ich komme in diesem Augenblick aus der Regierung, wo man mich länger warten lassen als ich dachte, und kann Ihnen also, da das Botenmädchen gleich fort will, bloß das Nöthigste schreiben.
Iphigenia wäre auf keinen Fall auf den Sonnabend zu zwingen gewesen, weil die Hauptrolle sehr groß, und schwer einzulernen ist. Es war schlechterdings nöthig der Vohs Zeit dazu zu geben. Ich hoffe übrigens das Beste für dieses Stück; es ist mir nichts vorgekommen, was die Wirkung stören könnte. Gefreut hat es mich, daß die eigentlich poetisch schönen Stellen und die lyrischen besonders auf unsere Schauspieler immer die höchste Wirkung machten. Die Erzählung von den Thyestischen Gräueln, und nachher der Monolog des Orest, wo er dieselben Figuren wieder in Elysium friedlich zusammen sieht, müssen als zwei sich aufeinander beziehende Stücke und als eine aufgelöste Dissonanz vorzüglich herausgehoben werden. Besonders ist alles daran zu wenden, daß der Monolog gut executirt werde, weil er auf der Gränze steht, und wenn er nicht die höchste Rührung erweckt, die Stimmung leicht verderben kann. Ich denke aber er soll eine sublime Wirkung machen.
Den übeln Erfolg der Ariadne wird Ihnen der Hofkammerrath schon berichtet haben. Sie können ihm alles Schlimme glauben, was er Ihnen davon schreiben mag; denn diese Elise ist eine armselige herz- und geistlose Komödiantin von der gemeinen Sorte, die durch ihre Ansprüche ganz unausstehlich wird. Doch Sie werden sie selbst sehen und hören, wenn Sie länger in Jena bleiben, denn sie denkt in etlichen Tagen ein Declamationsconcert dort zu geben.
Wir sind seit sechs Tagen eingezogen und freilich noch in größer Confusion, doch habe ich mich in den Morgenstunden in etwas zur Arbeit sammeln können und hoffe nun bald recht in Gang zu kommen.
Zu der lyrischen Ausbeute gratulire ich. Genießen Sie die schöne Jahrszeit auf’s beste und denken unser.
Sch.
H 855 | S 857 | B 859
Weimar, den 4. Mai 1802
Madame B. hat freilich gestern so allgemein mißfallen, daß man sich durch eine zweite Rolle die man ihr gestattet, bei dem Publicum schlecht empfehlen wird. Ariadne ist zwar keine Rolle gewesen, um das Verdienst einer Schauspielerin ins Licht setzen zu können, aber ihr Unverdienst hat sie leider dadurch vollkommen an den Tag gelegt. Außerdem also, daß Sie, wenn sie den Sonnabend noch einmal auftritt, ihr ein doppeltes Viaticum auf den Weg geben müssen, riskiren Sie auch ein leeres Haus und kommen in Schaden. Diese Gründe, nebst der wirtschaftlichen Unbrauchbarkeit der Dame zum Theater, dürften wohl hinreichend seyn, auch den Hrn. Geheimen Rath zu überzeugen, daß es besser gethan war sich derselben bald auf eine gute Art zu entledigen.
Eh. Wohlgeboren
geh. Diener
Schiller
H 854 | S | B
Jena, den 4. Mai 1802
Zuerst meinen herzlichen Wunsch daß die Veränderung des Quartiers möge glücklich abgelaufen seyn! Es soll mich sehr freuen Sie in einer neuen, freundlichen, gegen die Sonne und das Grüne gerichteten Wohnung gesund thätig anzutreffen.
Nun wünscht’ ich aber auch von Ihnen über unsere theatralischen Angelegenheiten etwas zu vernehmen. Was auguriren Sie von Iphigenien, die sich, wie voraus zu sehen war, etwas verspätet? Was sagen Sie vom Madame Bürger, deren Erscheinung ich wohl gern selbst mit abgewartet hätte.
Bei der Bibliothekseinrichtung steht mir die Art der Jenenser, die sich nahezu mit der Italiäner göttlichem Nichtsthun vergleicht, auf eine verdrießliche Weise entgegen. Ich gebe die Bemerkung zum besten, daß das Arbeiten nach vorgeschriebener Stunde, in einer Zeitenreihe regelmäßig vorgenommen, solche Menschen hervorbringt und bildet, die auch nur das Allernothdürftigste, stundenweis und stundenhaft möchte man sagen, arbeiten. ich werde so lange als möglich hier bleiben, weil ich überzeugt bin, daß, wie ich weggehe, das Ganze wieder mehr oder weniger stocken wird.
Was mich übrigens selbst und mein Näheres betrifft, so geht mir manches von statten. Einiges Lyrische hat sich wieder eingefunden und ich habe die Urquelle der nordischen Mythologie, weil ich sie eben vor mir fand, in ruhigen Abenden durchstudirt, und glaube darüber ziemlich im Klaren zu seyn; wie ich mich deßhalb, wenn ich wieder komme, legitimiren werde. Es ist gut auch in einem solchen Felde nur einmal einen Pfahl zu schlagen und eine Stange aufzustellen, nach der man sich gelegentlich orientiren kann.
So spricht auch ein solches Bibliothekswesen uns andere lebhaft an, selbst wenn man nur minutenweis in die Bücher hineinsieht. Sehr günstig finde ich die Wirkung meiner physischen, geognostischen und naturhistorischen Studien. Alle Reisebeschreibungen sind mir als wenn ich in meine flache Hand sähe.
Daß die Gegend in dieser Blüthenzeit außerordentlich schön sey, darf ich Ihnen nicht sagen; ein Blick aus Ihrer obern Gartenstube, mit der Sie, wie ich höre, einen Philosophen beliehen haben, würde jetzt sehr erquicklich seyn.
Leben Sie recht wohl und sagen mir ein Wort.
G.
Daß Loder seinen Schwiegervater, Frau und Kind nach Warschau bringt, daß die Krankheit unserer Freundin Paulus sich in einen gesunden Knaben aufgelöst hat gehört wohl für Sie nicht unter die Neuigkeiten.
H 853 | S 856 | B 858
Weimar, den 25. April 1802
Hiebei übersende die verlangte Summe und die beiden ersten Hogarthischen Lieferungen, die ich eben vorfinde.
Dabei frage ich an wie Sie es heute halten wollen. Wenn Sie Abends nicht gern ausgehen, so könnten Sie ja früher kommen und vor Sonnenuntergang wieder zu Hause seyn. Wollen Sie mir hierüber Ihren Entschluß wissen lassen, so bestelle ich Ehlers wegen einiger musikalischen Späße.
G.
H 852 | S 855 | B 857
Weimar, den 20. April 1802
Da wir wahrscheinlich auf den Sonnabend Turandot geben, so ersuche ich Sie um die neuen Räthsel, damit wir solche bei Zeiten an die nicht allzeit fertigen Schauspieler abgeben können.
G.
H 851 | S 854 | B 856