1. An Goethe
Jena, 13. Juni 1794
Hochwohlgeborner Herr,
Hochzuverehrender Herr Geheimer Rath!
Beiliegendes Blatt enthält den Wunsch einer, Sie unbegränzt hochschätzenden, Gesellschaft, die Zeitschrift, von der die Rede ist, mit Ihren Beiträgen zu beehren, über deren Rang und Werth nur Eine Stimme unter uns seyn kann. Der Entschluß Euer Hochwohlgeboren, diese Unternehmung durch Ihren Beitritt zu unterstützen, wird für den glücklichen Erfolg derselben entscheidend seyn, und mit größter Bereitwilligkeit unterwerfen wir uns allen Bedingungen, unter welchen Sie uns dieselben zusagen wollen.
Hier in Jena haben sich die H.H. Fichte, Woltmann und von Humboldt zur Herausgabe dieser Zeitschrift vereinigt, und da, einer nothwendigen Einrichtung gemäß, über alle einlaufenden Manuscripte die Urtheile eines engern Ausschusses eingeholt werden sollen, so würden Ew. Hochwohlgeboren uns unendlich verpflichten, wenn Sie erlauben wollten, daß Ihnen zu Zeiten eines der eingesandten Manuscripte dürfte zur Beurtheilung vorgelegt werden. Je größer und näher der Antheil ist, dessen Sie unsre Unternehmung würdigen, desto mehr wird der Werth derselben bei demjenigen Publicum steigen, dessen Beifall uns der wichtigste ist. Hochachtungsvoll verharre ich
Euer Hochwohlgeboren
gehorsamster Diener und aufrichtigster Verehrer
Fr. Schiller
[Beilage]
Die Horen.
Unter diesem Titel wird mit dem Anfang des Jahres 1795 eine Monatsschrift erscheinen, zu deren Verfertigung eine Gesellschaft bekannter Gelehrten sich vereinigt hat. Sie wird sich über alles verbreiten, was mit Geschmack und philosophischem Geiste behandelt werden kann, und also sowohl philosopischen Untersuchungen, als poetischen und historischen Darstellungen offen stehen. Alles was entweder bloß den gelehrten Leser interessiren, oder was bloß den nichtgelehrten befriedigen kann, wird davon ausgeschlossen seyn; vorzüglich aber und unbedingt wird sie sich alles verbieten, was sich auf Staatsreligion und politische Verfassung bezieht. Man widmet sie der schönen Welt zum Unterricht und zur Bildung, und der gelehrten zu einer freien Forschung der Wahrheit und zu einem fruchtbaren Umtausch der Ideen; und indem man bemüht seyn wird, die Wissenschaft selbst, durch den innern Gehalt, zu bereichern, hofft man zugleich den Kreis der Leser durch die Form zu erweitern.
Unter der großen Menge von Zeitschriften ähnlichen Inhalts dürfte es vielleicht schwer seyn, Gehör zu finden, und, nach so vielen verunglückten Versuchen in dieser Art, noch schwerer, sich Glauben zu verschaffen. Ob die Herausgeber der gegenwärtigen Monatsschrift gegründetere Hoffnungen haben, wird sich am besten aus den Mitteln abnehmen lassen, die man zu Erreichung jenes Zweckes eingeschlagen hat.
Nur der innere Werth einer literarischen Unternehmung ist es, der ihr ein dauerndes Glück bei dem Publicum versichern kann; auf der andern Seite aber ist es nur dieses Glück, welches ihrem Urheber den Muth auf die Kräfte gibt, etwas beträchtliches auf ihren Werth zu verwenden. Die große Schwierigkeit also ist, daß der Erfolg gewissermaßen schon realisirt sein müßte, um den Aufwand, durch den allein er zu realisiren ist, möglich zu machen. Aus diesem Cirkel ist kein anderer Ausweg, als daß ein unternehmender Mann an jenen problematischen Erfolg so viel wage, als etwa nötig sein dürfte, ihn gewiß zu machen.
Für Zeitschriften dieses Inhalts fehlt es gar nicht an einem zahlreichen Publicum, aber in dieses Publicum theilen sich zu viele einzelne Journale. Würde man die Käufer aller hieher gehörigen Journale zusammen zählen, so würde sich eine Anzahl entdecken lassen, welche hinreichend wäre, auch die kostbarste Unternehmung im Gange zu erhalten. Diese ganze Anzahl nun steht derjenigen Zeitschrift zu Gebot, die alle die Vortheile in sich vereinigt, wodurch jene Schriften im einzelnen bestehn, ohne den Kaufpreis einer einzelnen unter denselben beträchtlich zu übersteigen.
Jeder Schriftsteller von Verdienst hat in der lesenden Welt seinen eigenen Kreis, und selbst der am meisten gelesene hat nur einen größeren Kreis in derselben. So weit ist es noch nicht mit der Cultur der Deutschen gekommen, daß sich das, was den Besten gefällt, in Jedermanns Händen finden sollte. Treten nun die vorzüglichsten Schriftsteller der Nation in eine literarische Association zusammen, so vereinigen sie eben dadurch das vorher getheilt gewesene Publicum, und das Werk, an welchem alle Antheil nehmen, wird die ganze lesende Welt zu seinem Publicum haben. Dadurch aber ist man im Stande, jedem Einzelnen alle die Vortheile anzubieten, die der, allerweiteste Kreis der Leser und Käufer einem Autor nur immer verschaffen kann.
Ein Verleger, der diesem Unternehmen in jeder Rücksicht gewachsen ist, hat sich bereits in dem Buchhändler Cotta von Tübingen gefunden, und ist bereit, sie in’s Werk zu richten, sobald die erforderliche Anzahl von Mitarbeitern sich zusammengefunden haben wird. Jeder Schriftsteller, an den man diese Anzeige sendet, wird also zum Beitritt an dieser Societät eingeladen, und man hofft dafür gesorgt zu haben, daß er in keiner Gesellschaft, die seiner unwürdig wäre, vor dem Publicum auftreten soll. Da aber die ganze Unternehmung nur unter der Bedingung einer gehörigen Anzahl von Theilnehmern möglich ist, so kann man keinem der eingeladenen Schriftsteller zugestehn, seinen Beitritt bis nach Erscheinung des Journals aufzuschieben, weil man schon vorläufig wissen muss, auf wen man zu rechnen hat, um an die Ausführung auch nur denken zu können. Sobald aber die erforderliche Anzahl sich zusammengefunden hat, wird solches jedem Theilnehmer an der Zeitschrift unverzüglich bekannt gemacht werden.
Jeden Monat ist man übereingekommen, ein Stück von 9 Bogen in Median zu liefern; der gedruckte Bogen wird mit *** Louisd’ors in Golde bezahlt. Dafür verspricht der Verfasser, von diesen einmal abgedruckten Aufsätzen drei Jahre nach ihrer Erscheinung keinen andern öffentlichen Gebrauch zu machen, es sei denn, daß beträchtliche Veränderungen damit vorgenommen worden wären.
Obgleich von denjenigen Gelehrten, deren Beiträge man sich ausbittet, nichts, was ihrer selbst und einer solchen Zeitschrift nicht ganz würdig wäre, zu befürchten ist, so hat man doch, aus leicht begreiflichen Gründen, die Verfügung getroffen, daß kein Manuscript eher dem Druck übergeben werde, als bis es einer dazu bestimmten Anzahl von Mitgliedern zur Beurtheilung vorgelegt worden ist. Dieser Convention werden sich die H.H. Teilnehmer um so eher unterwerfen, als sie versichert seyn können, daß höchstens nur die relative Zweckmäßigkeit ihrer Beiträge in Rücksicht auf den Plan und das Interesse des Journals zur Frage kommen kann. Eigenmächtige Abänderungen wird weder der Redacteur noch der Ausschuß sich in den Manuscripten erlauben. Sollten welche nöthig sein, so versteht es sich von selbst, daß man den Verfasser ersuchen wird, sie selbst vorzunehmen. Der Abdruck der Manuscripte wird sich nach der Ordnung richten, in der sie eingesandt werden, soweit dieses mit der nöthigen Mannigfaltigkeit des Inhalts in den einzelnen Monatsstücken bestehen kann. Eben diese Mannifgaltigkeit macht die Verfügung nothwendig, daß kein Beitrag durch mehr als drei Stücke fortgesetzt werde, und in keinem einzelnen Stück mehr als sechzig Seiten einnehme.
Briefe und Manuscripte sendet man an den Redacteur dieser Monatsschrift, der den H.H. Verfassern für ihre eingesandten Beiträge steht, und bereit ist, jedem, sobald es verlangt wird, Rechnung davon abzulegen.
Daß von dieser Anzeige kein öffentlicher Gebrauch zu machen sey, wird kaum nötig seyn zu erinnern.
Jena, am 13. Juni 1794.
Friedrich Schiller,
Hofrath und Professor zu Jena.