641. An Schiller

Weimar, den 24. Juli 1799

Ich kann nun hoffen daß ich bald zu Ihnen kommen werde; Sonnabend oder Sonntag wird es möglich seyn von hier abzukommen. Frau von la Roche habe ich zweimal, erst in Tieffurth, dann in Osmannstedt gesehen und sie eben gerade wie vor zwanzig Jahren gefunden. Sie gehört zu den nivellirenden Naturen, sie hebt das Gemeine herauf und zieht das Vorzügliche herunter, und richtet das Ganze alsdann mit ihrer Sauce zu beliebigem Genuß an; übrigens möchte man sagen daß ihre Unterhaltung interessante Stellen hat.

Tieck hat mit Hardenberg und Schlegel bei mir gegessen; für den ersten Anblick ist es eine recht leidliche Natur. Er sprach wenig, aber gut und hat überhaupt hier ganz wohl gefallen.

Morgen habe ich ein großes Gastmahl und dann will ich mich zur Abfahrt bereiten.

Gädike soll die zwei ersten Gesänge ehe ich weggehe erhalten; ich gehe sie nochmals durch; es ist und bleibt aber eine böse Aufgabe. Das Werk ist wie eine bronzene Statue, artig gedacht und gut modellirt, wobei aber der Guß versagt hatte. Je weiter man in der Ausführung kommt, je mehr gibt’s zu thun. Freilich hilft’s nun nichts weiter, man muß machen daß man durchkommt. Leben sie recht wohl; ich hoffe nun nicht mehr zu schreiben und freue mich von Herzen Sie und Ihre liebe Frau wieder zu sehen.

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