619. An Schiller

Roßla, den 15. Juni 1799

Ihren zweiten lieben Brief erhalte ich abermals in Roßla, wo ich mich verschiedener Geschäfte wegen noch einige Tage aufhalten muß. Diese will ich lieber zugeben, da ich einmal in der Sache bin und hernach eine ganze Weile nicht wieder dran zu denken brauche. Es ist mir angenehm, über die Dorf- und Feldverhältnisse mehr in’s Klare zu kommen und mich des Alten zu erinnern, indem das Neue mich selbst angeht.

Mich verlangt Sie bald zu sehen. Mittwoch hoff’ ich von Weimar aus zu schreiben. Ich habe manches zu referiren was mir durch den Kopf indessen gegangen ist.

Wäre nicht mein Spiritus mit Abschreiben von Inventarien beschäftigt, so dictirte ich geschwind etwas; für meine Feder aber ist es zu weitläufig auch nur anzufangen, denn ich muß weit ausholen. Auch sind unschreibbare Dinge darunter. Leben Sie recht wohl in Ihrer Halbeinsamkeit, rücken Sie sachte in Ihrer Arbeit vor und grüßen Ihre liebe Frau.

G.

Wir haben heute eingeheizt!

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